
Donnerstag, 9. Juli 2009
»West Bank Closure Map«
Wer ein Gefühl dafür bekommen möchte, wie viele Checkpoints, Road Gates, bestehende und geplante Begrenzungen es in der West Bank gibt, sollte sich einmal diese Karte ansehen. Und sich dafür auch etwas Zeit nehmen. Auf den Seiten des »Office for the Coordination of Humanitarian Affairs« (OCHA) ist die »West Bank Closure Map« zu finden. Hier ist der direkte Link zum Download (Pdf, 14.4 MB).

Arabisch
So allmählich bleiben die arabischen Vokabeln, die mir die Kollegen dankenswerter Weise beibringen, tatsächlich hängen und werden auch in alltäglichen Situationen immer öfter angewandt. Ich kann mich inzwischen auf Arabisch vorstellen, Hallo, Tschüss, Danke und Bitte sagen. Außerdem ein Bier bestellen, zuprosten und sagen, dass ich aus Deutschland komme. Ein »Nein, danke.« oder »Geh weg!«, hilfreich bei aufdringlichen Händlern, klappt mittlerweile auch schon ganz gut. Zugegeben, das Repertoire an Vokabeln ist noch recht übersichtlich, aber ich fang ja erst an.
»Al Kasaba Theatre«, »Court-miracles«
Das Theaterstück »Court-miracles« wurde von vielen im Vorhinein nur spöttisch als albernes Puppentheater abgestempelt und demzufolge nicht ins Abendprogramm mit aufgenommen. Eine Goethe-Kollegin und ich gingen dennoch in die Vorstellung.
Das Stück war eine Mischung aus Krieg und Zirkus. Das Bühnenbild glich einem Schlachtfeld, bestehend aus einer provisorischen Lagerbaracke und verletzten Soldaten. Die Figuren waren halb Mensch, halb Puppe. Verletzt oder verstümmelt. Dem vierköpfigen Schauspielensemble gelang es mit etwas Zirkusakrobatik und viel Charme das weitestgehend aus Internationals bestehende Publikum auf ganz bestimmte Art zu berühren, Drama, Komik, Tragik und Leichtigkeit zu inszenieren und so mich sowie das restliche Publikum zum Lachen und Nachdenken anzuregen.
Leider hatte ich meine Kamera nicht mit, deshalb gibt es hier nur ein Foto des Programmhefts zu sehen.
Das Stück war eine Mischung aus Krieg und Zirkus. Das Bühnenbild glich einem Schlachtfeld, bestehend aus einer provisorischen Lagerbaracke und verletzten Soldaten. Die Figuren waren halb Mensch, halb Puppe. Verletzt oder verstümmelt. Dem vierköpfigen Schauspielensemble gelang es mit etwas Zirkusakrobatik und viel Charme das weitestgehend aus Internationals bestehende Publikum auf ganz bestimmte Art zu berühren, Drama, Komik, Tragik und Leichtigkeit zu inszenieren und so mich sowie das restliche Publikum zum Lachen und Nachdenken anzuregen.
Leider hatte ich meine Kamera nicht mit, deshalb gibt es hier nur ein Foto des Programmhefts zu sehen.

Dienstag, 7. Juli 2009
Sonntag, 5. Juli 2009
»Palestine Internationl Festival of Music and Dance 2009«
Im Rahmen des Festivals waren Niels »Storm« Robitzky aus Berlin mit »Solo for two« und die palästinensische Hip Hop Gruppe »DAM« im »Cultural Palace« in Ramallah zu Gast. »Storm« zeigte virtuoses und interaktives B-Boying-Zeug. »DAM« boten sehr eindrucksvollen Hip Hop. Fast jeder im Publikum konnte deren Texte auswendig. So war es auch nicht weiter verwunderlich, dass bereits nach dem ersten Song der Saal geentert war. Für die, die wissen möchten, welche Songs gespielt wurden, habe ich die Setlist mitgenommen und abfotografiert. Viel Spaß damit.













Hebron
Kurz entschlossen bin ich mit zwei Interns der Konrad Adenauer Stiftung nach Hebron gefahren. Nachfolgend ein paar Bilder der Stadt die zeigen, wie Palästinenser ihren Gassen gegen Wurfgeschosse der jüdischen Siedler schützen. Außerdem Checkpoints (mit Einschusslöchern) und kleinere Kontrollposten, bewaffnete israelische Soldaten die zum Basketball wollen, Mauern mit Erwartungen, eine Militärbasis und die Moschee.




























Donnerstag, 2. Juli 2009
Besuch
Mein Nachbar muss gesehen haben, dass die Tür offen stand und kam kurz mal gucken. Doch ohne ein Wort zu sagen ging er sofort an die Decke... Von dort an die Wand
nochmal zurück an die Decke, aber schon Richtung Tür und
wieder raus. Ohne Tschüss zu sagen.
Da er zwischenzeitlich etwas die Orientierung verloren hatte, war ich gezwungen zu handeln. Irgendwas musste ich tun. Ich dachte an MacGyver und führte ihn schließlich mit dieser Hightech-Konstruktion zur Tür.
Auf den Schock gibt's jetzt leckeres palästinensisches "Taybeh Beer", gebraut in Ramallah und "hand-crafted in small batches in German traditional style". Mit Drehverschluss. Tolle Sache.





Zeitumstellung, Checkpoints, Animationsfilm und Kühlschränke
So wie es sich (nicht) gehört, kam ich am ersten Arbeitstag eine Stunde zu spät. Das passiert, wenn man die Uhr umstellt, diese aber weiterhin nach GTM+01 laufen lässt. Stark unsouveräner Auftritt.
Nach kurzer Vorstellrunde fuhren wir auf den ersten Termin nach Bethlehem. Bereits auf dem überschaubaren Weg von Ramallah über Jerusalem nach Bethlehem gibt es so unglaublich viele Checkpoints. Mal „fest“ mit kleinem Häuschen und israelischer Flagge, mal „mobil“ und nur aus zwei Jeeps und einem Warndreieck bestehend. Über die willkürlich anmutenden Passkontrollen an den Checkpoints will ich mich jetzt nicht aufregen.
Nach Feierabend sind wir in das einzige Kino in der West Bank gegangen und haben uns »Fatenah , den ersten palästinensischen Animationsfilm, angesehen. Der Film griff auch die Checkpoint-Problematik auf. Hier der Link zum Trailer. Nach der Aufführung traf sich die kulturelle Szene am Buffet und leerte dieses innerhalb weniger Minuten. Nach einigen Smalltalks ging es weiter in die Snowbar. Ein toller Ort. Jeder der auf die Idee kommen sollte, nach Ramallah zu kommen, muss dort hin.
Abschließend noch viele Grüße an Volkswagen, BMW und Mercedes! Mein bevorzugter Falafel-Dealer findet euch super! Deutsche Kühlschränke sind auch klasse.
Nach kurzer Vorstellrunde fuhren wir auf den ersten Termin nach Bethlehem. Bereits auf dem überschaubaren Weg von Ramallah über Jerusalem nach Bethlehem gibt es so unglaublich viele Checkpoints. Mal „fest“ mit kleinem Häuschen und israelischer Flagge, mal „mobil“ und nur aus zwei Jeeps und einem Warndreieck bestehend. Über die willkürlich anmutenden Passkontrollen an den Checkpoints will ich mich jetzt nicht aufregen.
Nach Feierabend sind wir in das einzige Kino in der West Bank gegangen und haben uns »Fatenah , den ersten palästinensischen Animationsfilm, angesehen. Der Film griff auch die Checkpoint-Problematik auf. Hier der Link zum Trailer. Nach der Aufführung traf sich die kulturelle Szene am Buffet und leerte dieses innerhalb weniger Minuten. Nach einigen Smalltalks ging es weiter in die Snowbar. Ein toller Ort. Jeder der auf die Idee kommen sollte, nach Ramallah zu kommen, muss dort hin.
Abschließend noch viele Grüße an Volkswagen, BMW und Mercedes! Mein bevorzugter Falafel-Dealer findet euch super! Deutsche Kühlschränke sind auch klasse.
Dienstag, 30. Juni 2009
Hupen, so geht's.
Auf den Straßen von Ramallah wird viel gehupt. Zunächst scheint kein System erkennbar. Doch weit gefehlt.
Einmal hupen heißt »Hallo!« - gern verwendet, wenn Bekannte am Straßenrand stehen.
Zweimal hupen heißt »Ich fahre!« - um deutlich zu machen, du hattest deine Chance, jetzt fahr ich.
Dreimal hupen heißt »Aus dem Weg!« - Ich muss zwar eh gleich wieder bremsen, aber dich überhol ich noch schnell.
Einmal hupen heißt »Hallo!« - gern verwendet, wenn Bekannte am Straßenrand stehen.
Zweimal hupen heißt »Ich fahre!« - um deutlich zu machen, du hattest deine Chance, jetzt fahr ich.
Dreimal hupen heißt »Aus dem Weg!« - Ich muss zwar eh gleich wieder bremsen, aber dich überhol ich noch schnell.
Montag, 29. Juni 2009
Erster Tag
Der erste Tag beginnt spät. Mein Frühstück besteht aus Fladenbrot mit Käse und Tomaten. Dazu Schwarztee.
Nach dem Frühstück bin ich mit dem Sammeltaxi nach Downtown Ramallah gefahren und habe mich auf die Suche nach dem Goethe Institut gemacht. Leider hatte ich wenig Erfolg. Ohne Straßenschilder konnte ich mich nur schlecht orientieren. Ich fand die Straße dann schließlich doch, bin diese auch drei- oder viermal auf und ab gelaufen, ohne jedoch das Institut zu finden.
Ich bin danach einfach ziellos ein paar Stunden durch Ramallah gelaufen und habe mir bei der Gelegenheit eine Telefonnummer von JAWWAL besorgt. Ich bin jetzt unter +972-59-7137817 zu erreichen.
Nach dem Frühstück bin ich mit dem Sammeltaxi nach Downtown Ramallah gefahren und habe mich auf die Suche nach dem Goethe Institut gemacht. Leider hatte ich wenig Erfolg. Ohne Straßenschilder konnte ich mich nur schlecht orientieren. Ich fand die Straße dann schließlich doch, bin diese auch drei- oder viermal auf und ab gelaufen, ohne jedoch das Institut zu finden.
Ich bin danach einfach ziellos ein paar Stunden durch Ramallah gelaufen und habe mir bei der Gelegenheit eine Telefonnummer von JAWWAL besorgt. Ich bin jetzt unter +972-59-7137817 zu erreichen.
»Nehmen Sie das nicht persönlich«
Das Einchecken am Berliner Flughafen erwies sich als erwartet harte Nuss.
Zunächst begann alles sehr entspannt und harmlos am EL-AL-Schalter. Es wurden die üblichen Fragen gestellt. Wer hat ihre Tasche gepackt? Haben Sie Waffen bei sich? Ist das ihre erste Reise nach Israel? Doch nach einigen Minuten kippte die Stimmung. Kann sein, dass meine Antworten etwas zu einsilbig waren. Analog zur mir unterhielt sich das »El-AL-Befragungskomitee« auch mit meinen Eltern. Leider hatte ich davon nichts mitbekommen. Es kam in der Aufregung offensichtlich zu widersprüchlichen Antworten auf bestimmte Fragen und das Dilemma nahm seinen Lauf. Die EL-AL-Dame, die mir bereits seit einer gefühlten halben Stunde immer wieder dieselben Fragen stellte, sagte mir, dass meine Eltern irgendwas gesagt haben und ich lüge. Ich fragte sie, wann und wie sie mit meinen Eltern gesprochen haben will, wenn sie die ganze Zeit vor mir steht. Keine Antwort. Ich war etwas genervt und zog den Zonk mit »Warum lügen Sie mich an und behaupten mit meinen Eltern gesprochen zu haben? Das stimmt doch gar nicht.« Sie verstummte, drehte sich um, ging zu ihrem Chef und anschließendlich sagte er mir, dass meine Sachen und ich gesondert kontrolliert werden müssen und ich doch bitte ruhig bleiben solle.
Meine Sachen wurden also genommen und in einem Sicherheitsraum gebracht. Und ich natürlich hinterher. In dem Raum saß bereits ein Leidensgenosse, den ich im Laufe des Tages noch öfter zu sehen bekommen sollte. In dem Raum folgten dann weitere Befragungen. Alles sehr unspannend und nervig. Dann hieß es Leibesvisitation. Sweater aus, Schuhe aus, Hose aufknöpfen. Mir wurde mindestens sechsmal der Genitalbereich abgescannt. Keine Ahnung was das sollte. Na ja, danach musste ich meine beiden Rucksäcke aufmachen. Kurze Zeit später waren sie auch schon im Nebenzimmer verschwunden und komplett ausgepackt. Argh. Schön Dank.
Die vielen technischen Geräte kamen nicht so gut an, wurden aber schließlich akzeptiert. Nach einer gefühlten Stunde in dem Raum durfte ich nur meinen Lonely Planet und ein Buch meines Professors mit nach draußen nehmen. Meinen Reisepass und mein Geld auch nur nach mehrmaligen Nachfragen. Alle technischen Geräte musste ich dalassen. Handy, Notebook, Kamera, Voice-Recorder, Mp3-Player. Sie werden vom Personal nach weiteren Kontrollen wieder in die Rucksäcke verstaut und direkt zum Flugzeug gebracht, wurde mir gesagt. Hieß für mich also, dass mein Handgepäck aus zwei Büchern, etwas Geld und meinem Reisepass bestünde. Meine restlichen Sachen würde ich erst auf dem Rollband in Tel-Aviv wieder sehen. Nach einer weiteren Diskussion mit dem Ober-Securtiy-Chef und ordentlich Wut im Bauch durfte ich den Raum verlassen.
Das war es wohl, dachte ich... Auf dem Weg zur Passkontrolle wurde ich aber erneut vom EL-AL-Personal angesprochen und zurück zu dem Raum geführt, den ich erst vor wenigen Minuten verlassen hatte. Es haben sich weitere Fragen ergeben, hieß es. Es ging um mein Handy und meine Leica-Kamera. Es müssen weitere Tests gemacht werden, so die Ansage. Also wieder warten. Nach einigen Minuten dann das Ergebnis. Alles ok. Die Geräte dürfen mit. Einer der EL-Al-Mitarbeiter bedankte sich danach noch förmlich für meine Kooperation und wünschte mir eine »gute Reise«.
Was ich in der Zwischenzeit nicht mitbekommen hatte und erst in der Wartehalle bemerkte war, dass der Flieger verspätet startet. Aber nicht lockere 30 Minuten sondern volle 3 Stunden. Da saß ich also 10.30 Uhr in der Wartehalle und hatte noch reichlich Zeit. Die Zeit wollte nicht vergehen, doch irgendwann kam der Aufruf. Gate 10. Ich war mit einer der ersten am Schalter… Ich zeigte meinen Pass vor und bekam die Anweisung noch einmal kurz Platz zu nehmen, bis alle anderen Passagiere abgefertigt sind. Es haben sich wieder Fragen ergeben und eigentlich hätte die ganze Zeit ein El-AL-Mitarbeiter an meiner Seite sein müssen, ich hätte ja irgendwelchen Blödsinn machen können, war die ungefähre Auskunft die ich erhielt. Ich nahm also Platz, der Typ aus dem Sicherheitsraum, der ebenfalls gefilzt wurde, saß weniger Minuten später auch wieder neben mir.
Als alle Passagiere routinemäßig abgefertigt waren, wurde ich wieder in einen Extra-Raum geführt und kontrolliert. Sweater aus, Schuhe aus, Hose aufknöpfen. Danach durfte ich als Letzter ins Flugzeug einsteigen.
Der Flug zog sich etwas, war aber ok. Ich war müde, hab dementsprechend wenig mitbekommen. Die Landung verlief problemlos, obwohl ich das Gefühl hatte, dass der Pilot mit einigen fiesen Böen auf dem Rollfeld zu kämpfen hatte. Vereinzelt wurde geklatscht.
Ich wollte nur noch schnell raus aus dem Flieger, mein Visum abholen und meine Sachen einsammeln. Die Einreise verlief aber auch nicht viel besser, als das einchecken in Berlin. Die Dame, der ich meinen Pass vorzeigen und den Anlass meines Aufenthaltes erläutern musste, fand mich wohl nicht so richtig super und ließ mich in einem Raum eskortieren in dem ich, ho ho ho was ne Überraschung, den Typ aus Berlin wieder traf. Ich wurde wieder befragt. 10, 15 Minuten lang. Ob erzeugend oder nicht, ich bekam kurze Zeit später das Visum. Endlich. Zwischenziel erreicht.
Also ab zu den Rollbändern. Mein Handgepäck fand ich auf dem Rollband des Fliegers aus Paris, meinen größeren Rucksack fand ich auch eher zufällig neben dem Rollband. Na ja, Hauptsache angekommen. Ich schnallte mir meinen großen Rucksack auf, den anderen um die Schulter und ging Richtung Ausgang.
Eher zufällig entdeckte ich dort ein Sammeltaxi nach Jerusalem. Ein Platz war noch frei. Meiner! Glück gehabt. In dem Bus saßen einige Touris, die sich nacheinander zu ihren Hotels fahren ließen. Mich schmiss der Fahrer irgendwo an einer Kreuzung in Jerusalem raus, wo relativ viele Taxis vorbeifuhren. Sein Tipp für die letzten Kilometer: »Such dir einen arabischen Fahrer, ein Jude wird dich nicht nach Ramallah fahren.« Ich wusste nicht mal ansatzweise wo ich war. Schade eigentlich.
Nach zehn Minuten kurzer Planlosigkeit fand ich einen Taxifahrer (Araber!), der bereit war nach Ramallah zu fahren. Wir holten noch schnell seinen Sohn ab und machten uns auf dem Weg. Dass die Mauern der jüdischen Siedlungen die Westbank zu einem Flickenteppich verkommen lassen, hatte ich bisher nur auf Fotos gesehen, jetzt fahre ich an diesen Mauern vorbei. Ein sehr komisches Gefühl. Wir passierten den Checkpoint Qalandia und befanden uns ab da an auf palästinensischem Gebiet. Es fuhren auffallend viele Polizei-Jeeps durch die Straßen, an fast jeder Ecke standen bewaffnete Soldaten. Nach kurzer Irrfahrt, erneuter Planlosigkeit und mit etwas Hilfe zweier Soldaten fanden wir meine Unterkunft 20 Minuten außerhalb von Ramallah auf einem Hügel.
Zunächst begann alles sehr entspannt und harmlos am EL-AL-Schalter. Es wurden die üblichen Fragen gestellt. Wer hat ihre Tasche gepackt? Haben Sie Waffen bei sich? Ist das ihre erste Reise nach Israel? Doch nach einigen Minuten kippte die Stimmung. Kann sein, dass meine Antworten etwas zu einsilbig waren. Analog zur mir unterhielt sich das »El-AL-Befragungskomitee« auch mit meinen Eltern. Leider hatte ich davon nichts mitbekommen. Es kam in der Aufregung offensichtlich zu widersprüchlichen Antworten auf bestimmte Fragen und das Dilemma nahm seinen Lauf. Die EL-AL-Dame, die mir bereits seit einer gefühlten halben Stunde immer wieder dieselben Fragen stellte, sagte mir, dass meine Eltern irgendwas gesagt haben und ich lüge. Ich fragte sie, wann und wie sie mit meinen Eltern gesprochen haben will, wenn sie die ganze Zeit vor mir steht. Keine Antwort. Ich war etwas genervt und zog den Zonk mit »Warum lügen Sie mich an und behaupten mit meinen Eltern gesprochen zu haben? Das stimmt doch gar nicht.« Sie verstummte, drehte sich um, ging zu ihrem Chef und anschließendlich sagte er mir, dass meine Sachen und ich gesondert kontrolliert werden müssen und ich doch bitte ruhig bleiben solle.
Meine Sachen wurden also genommen und in einem Sicherheitsraum gebracht. Und ich natürlich hinterher. In dem Raum saß bereits ein Leidensgenosse, den ich im Laufe des Tages noch öfter zu sehen bekommen sollte. In dem Raum folgten dann weitere Befragungen. Alles sehr unspannend und nervig. Dann hieß es Leibesvisitation. Sweater aus, Schuhe aus, Hose aufknöpfen. Mir wurde mindestens sechsmal der Genitalbereich abgescannt. Keine Ahnung was das sollte. Na ja, danach musste ich meine beiden Rucksäcke aufmachen. Kurze Zeit später waren sie auch schon im Nebenzimmer verschwunden und komplett ausgepackt. Argh. Schön Dank.
Die vielen technischen Geräte kamen nicht so gut an, wurden aber schließlich akzeptiert. Nach einer gefühlten Stunde in dem Raum durfte ich nur meinen Lonely Planet und ein Buch meines Professors mit nach draußen nehmen. Meinen Reisepass und mein Geld auch nur nach mehrmaligen Nachfragen. Alle technischen Geräte musste ich dalassen. Handy, Notebook, Kamera, Voice-Recorder, Mp3-Player. Sie werden vom Personal nach weiteren Kontrollen wieder in die Rucksäcke verstaut und direkt zum Flugzeug gebracht, wurde mir gesagt. Hieß für mich also, dass mein Handgepäck aus zwei Büchern, etwas Geld und meinem Reisepass bestünde. Meine restlichen Sachen würde ich erst auf dem Rollband in Tel-Aviv wieder sehen. Nach einer weiteren Diskussion mit dem Ober-Securtiy-Chef und ordentlich Wut im Bauch durfte ich den Raum verlassen.
Das war es wohl, dachte ich... Auf dem Weg zur Passkontrolle wurde ich aber erneut vom EL-AL-Personal angesprochen und zurück zu dem Raum geführt, den ich erst vor wenigen Minuten verlassen hatte. Es haben sich weitere Fragen ergeben, hieß es. Es ging um mein Handy und meine Leica-Kamera. Es müssen weitere Tests gemacht werden, so die Ansage. Also wieder warten. Nach einigen Minuten dann das Ergebnis. Alles ok. Die Geräte dürfen mit. Einer der EL-Al-Mitarbeiter bedankte sich danach noch förmlich für meine Kooperation und wünschte mir eine »gute Reise«.
Was ich in der Zwischenzeit nicht mitbekommen hatte und erst in der Wartehalle bemerkte war, dass der Flieger verspätet startet. Aber nicht lockere 30 Minuten sondern volle 3 Stunden. Da saß ich also 10.30 Uhr in der Wartehalle und hatte noch reichlich Zeit. Die Zeit wollte nicht vergehen, doch irgendwann kam der Aufruf. Gate 10. Ich war mit einer der ersten am Schalter… Ich zeigte meinen Pass vor und bekam die Anweisung noch einmal kurz Platz zu nehmen, bis alle anderen Passagiere abgefertigt sind. Es haben sich wieder Fragen ergeben und eigentlich hätte die ganze Zeit ein El-AL-Mitarbeiter an meiner Seite sein müssen, ich hätte ja irgendwelchen Blödsinn machen können, war die ungefähre Auskunft die ich erhielt. Ich nahm also Platz, der Typ aus dem Sicherheitsraum, der ebenfalls gefilzt wurde, saß weniger Minuten später auch wieder neben mir.
Als alle Passagiere routinemäßig abgefertigt waren, wurde ich wieder in einen Extra-Raum geführt und kontrolliert. Sweater aus, Schuhe aus, Hose aufknöpfen. Danach durfte ich als Letzter ins Flugzeug einsteigen.
Der Flug zog sich etwas, war aber ok. Ich war müde, hab dementsprechend wenig mitbekommen. Die Landung verlief problemlos, obwohl ich das Gefühl hatte, dass der Pilot mit einigen fiesen Böen auf dem Rollfeld zu kämpfen hatte. Vereinzelt wurde geklatscht.
Ich wollte nur noch schnell raus aus dem Flieger, mein Visum abholen und meine Sachen einsammeln. Die Einreise verlief aber auch nicht viel besser, als das einchecken in Berlin. Die Dame, der ich meinen Pass vorzeigen und den Anlass meines Aufenthaltes erläutern musste, fand mich wohl nicht so richtig super und ließ mich in einem Raum eskortieren in dem ich, ho ho ho was ne Überraschung, den Typ aus Berlin wieder traf. Ich wurde wieder befragt. 10, 15 Minuten lang. Ob erzeugend oder nicht, ich bekam kurze Zeit später das Visum. Endlich. Zwischenziel erreicht.
Also ab zu den Rollbändern. Mein Handgepäck fand ich auf dem Rollband des Fliegers aus Paris, meinen größeren Rucksack fand ich auch eher zufällig neben dem Rollband. Na ja, Hauptsache angekommen. Ich schnallte mir meinen großen Rucksack auf, den anderen um die Schulter und ging Richtung Ausgang.
Eher zufällig entdeckte ich dort ein Sammeltaxi nach Jerusalem. Ein Platz war noch frei. Meiner! Glück gehabt. In dem Bus saßen einige Touris, die sich nacheinander zu ihren Hotels fahren ließen. Mich schmiss der Fahrer irgendwo an einer Kreuzung in Jerusalem raus, wo relativ viele Taxis vorbeifuhren. Sein Tipp für die letzten Kilometer: »Such dir einen arabischen Fahrer, ein Jude wird dich nicht nach Ramallah fahren.« Ich wusste nicht mal ansatzweise wo ich war. Schade eigentlich.
Nach zehn Minuten kurzer Planlosigkeit fand ich einen Taxifahrer (Araber!), der bereit war nach Ramallah zu fahren. Wir holten noch schnell seinen Sohn ab und machten uns auf dem Weg. Dass die Mauern der jüdischen Siedlungen die Westbank zu einem Flickenteppich verkommen lassen, hatte ich bisher nur auf Fotos gesehen, jetzt fahre ich an diesen Mauern vorbei. Ein sehr komisches Gefühl. Wir passierten den Checkpoint Qalandia und befanden uns ab da an auf palästinensischem Gebiet. Es fuhren auffallend viele Polizei-Jeeps durch die Straßen, an fast jeder Ecke standen bewaffnete Soldaten. Nach kurzer Irrfahrt, erneuter Planlosigkeit und mit etwas Hilfe zweier Soldaten fanden wir meine Unterkunft 20 Minuten außerhalb von Ramallah auf einem Hügel.