Dienstag, 29. September 2009

»Fotograf zu sein ist für mich kein Beruf, sondern eine Berufung«

Der Palästinenser Mahmoud Dabdoub, 1958 im Libanon geboren, kam 1981 zum Studium an die Hochschule für Grafik und Buchkunst Leipzig, der einzigen Ausbildungsstätte für künstlerische Fotografie in der DDR. Mit Beginn seines Aufenthalts in der DDR setzte er sich intensiv mit dem »Leben im geteilten Land« auseinander. Er hielt fest, was ihm bemerkenswert erschien. Seine Sympathie gehörte den »kleinen Leuten«: Kohlenträger, Lastkraftwagenfahrer, Verkäuferinnen und Straßenarbeiter. Unter dem Titel »Leben im geteilten Land« organisiert das Goethe-Institut Ramallah zusammen mit dem Sakakini-Kulturzentrum eine Ausstellung mit 50 Schwarz-Weißfotografien von Mahmoud Dabdoub, die aus ganz unterschiedlichen Perspektiven den Alltag in der DDR reflektieren. Die Eröffnung der Ausstellung findet am 28. Oktober in Anwesenheit von Mahmoud Dabdoub im Khalil Sakakini Cultural Centre statt. Für Mahmoud Dabdoub ist es der erste Besuch in den Palästinensischen Gebieten. von INGO EGGERT

Was bedeutet es für Sie erstmalig nach Palästina zu reisen und Ihre Fotos im Khalil Sakakini Cultural Centre auszustellen?
Das ist das wunderbarste, was mir passieren konnte, da es mein Herz und meine Augen noch weiter öffnen wird. Es ist für mich eine Bereicherung in der Kulturstadt Ramallah auszustellen und neue Erfahrungen zu sammeln und meinen Landsleuten eine andere Kultur zu zeigen und die Situation in der ehemaligen DDR zu präsentieren.

Haben Sie schon ein fotografisches Projekt für Palästina?
Ich bin neugierig und voller Erwartungen. Ich werde dem Alltag meine ganze Aufmerksamkeit widmen, zumal ich zum ersten Mal in Palästina sein werde.

Wie finden Sie generell Ihre Fotomotive? Gibt es bestimmte Inspirationsquellen?
Unser Leben ist voller Motive, man muss nur hinsehen und fühlen. Ich nähere mich mit voller Aufmerksamkeit, Interesse und Freude den Menschen, die ich beobachte. Ich achte aber stets darauf, dass ich Ihnen ihre Souveränität und Würde nicht raube.

Haben Sie sich von Anfang an darauf konzentriert vornehmlich Menschen zu fotografieren?
Als Schüler habe ich viel und gern Bilder für den Unterricht gezeichnet. Auch im Malunterricht habe ich meistens, im Gegensatz zur Wirklichkeit, schöne Häuser mit Steinbrücken und Wasserfällen gezeichnet. Das hat meinen Lehrern stets gefallen. Sie machten mir Mut. Dabei wuchs meine Leidenschaft für Kunst und für schöne Dinge.

Und wie kam es schließlich dazu, dass Sie Fotograf geworden sind?
In den höheren Klassen erweiterte sich meine Interesse für das Fotografieren. Nach dem Abitur habe ich im palästinensischen Kulturbüro in Beirut, an dessen Spitze der palästinensischer Künstler Ismail Shammout war, angefangen zu arbeiten und wohnte in dem Flüchtlingslager Shatila, das mir viele Motive und Inspirationen schenkte. Die Fotos, die ich in den Flüchtlingslagern Sabra, Shatila und Burj Al-Barajneh gemacht hatte, waren der Anlass für den »Großen Meister« Ismail Shammout mir, dankenswerter Weise, ein Stipendium und Studium in der damaligen DDR zu verschaffen.

Wie ging es dann weiter?
Während des Sprachkurses am Herder-Institut in Leipzig habe ich mich, nach Empfehlung von der Abteilungsleiterin, mit den Fotos aus dem Libanon an der Hochschule für Grafik und Buchkunst beworben. Es war mein erster Anlauf und ich wurde direkt angenommen. So hat sich mein Traum, Fotograf zu werden, glücklicher Weise verwirklicht. Fotograf zu sein ist für mich kein Beruf, sondern eine Berufung.

Vielen Dank für das Gespräch.